Freitag, 20. Dezember 2013

Geschichte #8 - Erinnerung: Teil 1

Es war Heiligabend als ich in meiner Wohnung saß und auf die hell beleuchteten Wohnzimmer mit ihren nachtschwarzen Silhouetten im Block gegenüber starrte.
Ich dachte nicht an meine Familie, nicht an meine Freunde, meine große Liebe.
Ich dachte nicht an dich.
Da war nur diese weihnachtliche Stille, die normalerweise zu dieser Zeit nur auf den Straßen herrschte, weil alle drinnen feierten.
Erst als der schrille Klang meiner Klingel die Stille brach und ich zusammen zuckte, wendete ich mich ab. Erst dann merkte ich, dass sich meine Augen trocken anfühlten und schmerzten.
Ich blinzelte kurz, dann lief ich zur Tür. Das Licht machte ich nicht an.
Meine Wohnung war sowieso fast leer und ich wusste welche Wand sich wo befand, sodass ich hätte blind sein können und mich trotzdem ohne Hilfe und Verletzungen hier problemlos zurecht gefunden hätte.
Ich öffnete die Tür. Auch das Treppenhaus war dunkel.
Ich erkannte dich nicht sofort, erst nach einigen Sekunden. Du hast mich angesehen, doch ich konnte deinen Ausdruck nicht erkennen.
Ich habe dich auch angesehen – Ohne irgendeinen Ausdruck. Stundenlang, so fühlte sich es an.
„Du bist allein“, sagtest du. Deine Stimme war tief und kalt, aber angenehm.
Ich nickte.
„Komm mit.“
Ich zog meinen Mantel vom Türgriff. Ich hatte keinen Kleiderhagen.
Wir gingen nach draußen. Es war eine kalte, klare Nacht. Beinahe war es so, als würden mehr Sterne scheinen als sonst.
Der hohe Schnee glitzerte im Licht der beleuchteten Hausnummer und ich konnte unseren Atem sehen, der sich irgendwo über uns vermischte, aufstieg.
Du hattest dein Auto nicht auf dem Parkplatz geparkt, sondern auf der Straße stehen lassen. Der Motor lief noch.
Wir stiegen ein. Es war warm – Zumindest wärmer als in der Wohnung.
„Wohin fahren wir?“, fragte ich. Es fühlte sich seltsam an zu sprechen. Ich hatte es zu lange nicht mehr getan.
Du hattest nicht geantwortet. Ich nahm es hin und verfiel wieder in mein Schweigen, während du Richtung Autobahn fuhrst.
Du warst viel zu schnell, doch außer uns war sowieso niemand hier.
Ich sah aus dem Fenster, hoch zum Himmel, schloss für einen Moment die Augen. Nur für einen Moment.

Hier kommt ihr zu Teil 2.

6 Kommentare:

  1. Nichts zu danken, es war mir ein Vergnügen. ;D
    Dir auch frohe Weihnachten und schöne Feiertage ! :)

    alles Liebe,
    Claudia

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  2. Du schreibst wirklich sehr schön, ich muss mir gleich mal noch ein paar mehr Texte durchlesen =)

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  3. Wieder ein fantastisches Stückchen Traum :)

    Liebe Grüße > darkest.heart

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