Auf
der Fahrt sagten sie kaum etwas. Maria sah abwesend aus dem Fenster
und der Mann ab und zu zu ihr herüber. Er fragte sie mehrmals, ob es
ihr wirklich gut ginge und jedes mal antwortete sie mit „Ja“,
auch wenn sie nicht wusste, wie sich „Gut“ anfühlte.
Einmal
fragte er sie, wie sie hieß und Maria antwortete. Dann sagte er ihr,
dass seine kleine Schwester Marie hieß und er selbst Lukas.
Er
wohnte in einer kleinen Neubauwohnung im obersten Stockwerk.
„Setz
dich doch“, forderte er Maria auf, als sie einfach nur da stand.
Sie
ließ sich in einer Ecke des alten blauen Sofas, das mitten im Raum
stand, nieder. Lukas setzte sich ihr gegenüber. „Du hast gesagt,
dass du wissen willst warum das alles passiert … Warum?“
Maria
begann ohne zu zögern: „Ich kannte mal jemanden. Sie hat ständig
davon geredet, dass sie von etwas angegriffen wurde. Etwas, das
aussah wie ein Zombie. Wir alle dachten, dass sie verrückt sei. Und
dann ist sie gestorben.“ Maria machte eine kurze Pause, damit sie
betroffener wirkte. „Sie kam wieder, ich habe sie gesehen. Sie hat
mich angegriffen, aber ich bin geflohen bevor sie mir etwas tun
konnte. Ich will wissen, wie das passieren konnte.“
„Der
Zombie hat sie gebissen. Das tun sie, um sich fortzupflanzen. Man hat
dann das Gift in sich, aber es wird erst aktiv, wenn man stirbt.“
Er sah auf seine Hand. „Du bist aber kein Zombie, oder?“
Maria
grinste. „Sehe ich etwa so aus?“ Aber innerlich dachte sie daran,
wie eine ganz normale Frau in ihrem Zimmer stand und sie nicht
fliehen konnte, als sie sie biss.
Auch
Lukas setzte ein Grinsen auf. „Nein, aber Zombies können ihre
Gestalt wandeln.“
„Oh.“
Maria tat überrascht.
„Ja,
das macht es nicht immer leicht sie aufzuspüren, aber wenn man einen
erkennt, muss man alles daran setzten sie umzubringen.“
„Muss
man das?“
„Ja
natürlich, sie sind böse! Sie haben keine Gefühle, haben keine
Güte. Sie sind einfach nur kalt.“
„Sie
haben nicht mal Gefühle wie Hass oder Wut?“
Lukas
schüttelte mit dem Kopf und Maria wusste, dass er recht hatte. Es
gab nie mehr Gefühle für sie.
„Wie
kommt es, dass du sie jagst?“, fragte sie nach einer Weile.
Lukas
erschrak bei dieser Frage, dann wurde sein Gesicht weicher. „Das
ist eine lange Geschichte.“
„Du
meinst, du willst nicht darüber reden? Ist schon gut.“
„Doch“,
sagte Lukas schnell. „Ich erzähle sie dir. Vielleicht ist es
besser, wenn du es weißt.“ Er machte eine kurze Pause, wohl um
sich zu sammeln. „Meine Schwester Marie wurde von einem Zombie
getötet. Sie war etwa in deinem Alter. Ich habe nur noch gesehen,
wie er mit ihren Überresten verschwand, ich war damals siebzehn, sie
ist gerade mal fünfzehn geworden.“ Er starrte auf den kleinen
Tisch, der vor dem Sofa stand. Aber Maria wusste, dass er nicht das
Holz sah, sondern die Bilder von seiner toten Schwester. „Von da an
strengte ich mich mehr in der Schule an, damit ich ein Stipendium
bekomme. So habe ich genügend Geld mir die Wohnung und das Auto
leisten zu können. Nach meinem Abi bin ich sofort von meinem Zuhause
weggegangen. Vormittags gehe ich in die Uni, nachmittags jage ich.
Das ist mein Alltag seit etwa drei Jahren.“
„Das
tut mir leid.“ Diesmal war es die Wahrheit.
„Ach
quatsch, ich tue das gerne. Nicht nur wegen meiner Schwester, auch
für die anderen Menschen da draußen. So sind sie sicherer.“ Lukas
zögerte einen Moment, dann sprach er weiter: „Du erinnerst mich an
sie.“
„Wegen
dem Namen?“
„Nein,
ihr ähnelt auch vom Aussehen und der Art her. Am liebsten würde ich
dich noch mehr vor diesen Dingen beschützen, als alle andere
Menschen.“
„Du
solltest mir das Jagen beibringen, dann kann ich mich selber
beschützen.“ Und noch mehr über mich erfahren, fügte sie in
Gedanken hinzu.
„Meinst
du das ernst?“
„Ich
will nicht sterben.“
Lukas
überlegte kurz. „Na gut, aber du musst mir versprechen, dass du
niemanden etwas davon erzählst und du dich nicht unnötig in Gefahr
begibst.“
„Ich
verspreche es.“
„Okay,
wann wollen wir anfangen?“
Maria
brauchte nicht lange überlegen. „Ich habe morgen sehr früh
Schluss. Du könntest mich nach der Schule oder bei mir zu hause
abholen, wenn du Zeit hast. Ich muss dir nur sagen, wo ich wohne.“
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